R é a c t i o n
In ihrer Malerei thematisiert die Künstlerin Marie-Hélène H.-Desrue schon seit
vielen Jahren Bewegung, Zeit und Raum. Darüber hinaus entwickelte sie Performances,
in denen sie mit diesen Elementen arbeitet, sozusagen "bewegte Räume" schafft.
In beiden Fällen befindet sich die Malerin im Zentrum einer sich durch sie selbst
dynamisch entwickelnden Aktion.
Daneben existiert eine Fülle von Arbeiten, die als Re-aktion auf ein Ereignis, eine
Entdeckung oder eine räumliche Herausforderung entstanden. Gerade letztere können nur
als Dokumentation festgehalten werden.
Hierzu gehören beispielsweise die raumbezogenen Installationen im Alten Gefängnis
in Baden-Baden (Kunstknast, 2000 und Zell-tival, 2005, mit den Kolleginnen vom Team
Kunst-vor-Ort B.Spahlinger und B.Nowatzke-Kraft). Tapetenwechsel zeigt die Weiterentwicklung
einer Idee: die Besitzergreifung eines Raumes durch Schrift, dessen Maße die Grenzen vorgeben.
Und auch die Zöpfe von Rapunzel, Rapunzel lassen Träume besser in einer engen Gefängniszelle
wachsen. Ironie und Nachdenklichkeit liegen eng beieinander.
Für Jäger und Sammler (und solche, die es werden wollen) sind die Scheibenobjekte gedacht.
Sie wecken sowohl den Spieltrieb des Betrachters als auch den Sinn für Poesie. In
der Installation tranche par tranche, einer spiralförmigen Anordnung von Holzscheiben, begegnet
man den Maximes morales von La Rochefoucault: Gedanken über die Liebe, Eigennutz und andere Leidenschaften.
Mit einem Augenzwinkern öffnet M-H. H.-Desrue dem Betrachter einen zweiten Blick auf scheinbar
nebensächliches, auf Spuren des Alltags oder seltsame Ereignisse.
Confiance scheint ein höchst gefährliches Kartenspiel zu sein. Erfahrungen und Beobachtungen zum
Thema Ehe enthüllt das Objekt Bis der Tod … Bedeutet zusammenpassen zugleich sich anpassen?
Nur ein Franzose versteht, was der Titel L'art d'accomoder les restes wirklich bedeutet.
Es ist die ultimative Herausforderung an alle Kreativität. An die Inspiration, aus allem und jedem
eine Idee hervorzubringen. Es ist das Potenzial, aus dem bereits Leonardo da Vinci aus dem Putz
abgeblätterter Wände Ideen schöpfte. Farbpaletten sind hier der Ursprung des Gedankens, der Anfang,
aus dem alles entsteht, wenn man es sieht und offen dafür ist.
Nok (Brigitte Nowatzke-Kraft)
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